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Karl-Heinz Schmidt-Lauzemis

Autor

Mitglied in der Vereinigung deutschsprachiger Biographinnen und Biographen

Leipziger Volkszeitung vom 23.3.1992

Nazi als Reaktion (von Micheal Hametner)
„Wir sind keine Nazis" heißt der neueste Beitrag in der Feature-Reihe „Radio Dok" des MDR (in Partnerschaft mit dem SFB). Darin wurde versucht, das Verhalten junger Leute zu hinterfragen, die im Frühjahr 1990 aktiv bei den „Republikanern" Politik machten. Wie sind sie dazu gekommen? Die Autoren Karl-Heinz Schmidt-Lauzemis und der Leipziger Ralph Oehme verstehen, mit dokumentarischem Material umzugehen. Aus den 68 Kassetten, die zwischen Herbst '89 und dem Frühjahr '90 hier in Leipzig aufgenommen worden sind, haben sie bereits zwei Hörspiele gearbeitet (darunter das im Vorjahr mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden ausgezeichnete „Stille Helden siegen selten").
Obschon Feature und nicht Hörspiel, ist in „Wir sind keine Nazis" die Subjektivität der Autoren hörbar eingebracht. Mit zwei Kassettenrecordern - deren Ein- und Ausschaltgeräusche wie ein dramaturgisches Mittel benutzt werden - findet gewissermaßen eine zweite Annäherung an Siggi K. und seinen Freund statt. Dass die Autoren durch ihr Material führen, schafft überwiegend Verdichtung. Manchmal - vor allem gegen Ende - suggerieren sie mir aber auch Bewertungen, die ich lieber selbst getroffen hätte.
Die Leistung dieses Features ist es. die Lebenswege der beiden „Helden" von der Mitte an den Rand der Gesellschaft nachgezeichnet zu haben. Bei den Neonazis sind sie nicht aus Gesinnung, so schien mir heraushörbar, sondern als Reaktion auf ihre soziale Deklassierung. Auf diese Randlage, in die sie die DDR brachte, reagierten sie mit einer unheimlichen Aggression. Das macht sie gefährlich, aber ihr tun nicht irrational.

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